In großen Ballungsräumen und in der Umgebung großer Verkehrswege werden nach den Ergebnissen der Lärmkartierung (BMU, 2007) etwa 2,1 Mio. Bürger durch nächtlichen Straßenverkehrslärm und etwa 1,4 Mio. Anwohner durch Schienenverkehr potentiell gesundheitsgefährdenden Lärmpegeln ausgesetzt. Die EU-Kommission geht von jährlich ca. 4 Mrd. Euro Folgekosten durch Lärm für Deutschland aus. Ein weiteres gravierendes Problem der urbanen Räume ist die Luftverschmutzung. In der BRD erzeugt sie allein durch Krankheiten jährlich volkswirtschaftliche Folgekosten in Milliardenhöhe (BMU, 2010).
Der Verkehr ist neben einer bedeutenden Feinstaubquelle auch der wichtigste Erzeuger der Lärmbelastung. So überschneiden sich die Einsatzgebiete für Lärmschutzwände und Staubfilter. Die Lösung beider Probleme - Lärm- und Staubbelastung - an einem Ort können multifunktionale Lärmschutzwände mit integrierten Staubfiltern darstellen. Diese Lösung soll umweltverträglich, preisgünstig und nachhaltig sein. In vielen wissenschaftlichen Untersuchungen wurde die Fähigkeit der Vegetation nachgewiesen, die Feinstaubpartikel aus der Luft aufzunehmen und teilweise dauerhaft zu binden. Eine Begrünung der Lärmschutzwände zur gezielten Reduktion der Luftbelastung wurde jedoch auf dem Markt bisher nicht angeboten.
Das Ziel des Projektes bestand darin, innovative multifunktionale Lärmschutzwände zu entwickeln, die neben den Effekten der Schalldämmung und Schallabsorption zusätzlich eine dauerhafte Feinstaubbindung ermöglichen. Als Vegetation, die in der Lage ist, an den Standorten mit einer starken Luftverschmutzung innerhalb der extrem dünnschichtigen Systeme dauerhaft ohne Pflege zu überleben, kommen diverse Moosarten in Frage. Ihre Fähigkeit, verschiedenartige Staubpartikel aus der Luft aufzunehmen, teilweise zu verstoffwechseln bzw. fest anzulagern und sie somit der Wiederaufwirbelung zu entziehen, macht sie zu einem nachhaltigen, sich selbst regenerierenden Staubfilter. Das entwickelte Produkt stellt eine Lärmschutzwand dar, in welche die Vliesmatten mit diversen resistenten Moosarten integriert werden. Ein fester Bestandteil des Systems bildet eine Bewässerungsanlage variierbarer Konstruktion, die ohne Energieaufwand unter Nutzung von Niederschlägen die Moose regelmäßig befeuchtet.
Durch Integrierung von Moosen in die Prototyp-Lärmschutzwände konnte bei einer nachweisbaren Begünstigung der Staubdeposition keine Beeinträchtigung der Schalldämmung festgestellt werden. Um die ökologischen Vorteile der Mooswände gegenüber den unbegrünten Lärmschutzwänden genauer zu erfassen, sind langfristige Untersuchungen notwendig. Weiterer Entwicklungsbedarf besteht in Bezug auf eine regelmäßige Wasserverteilung und -speicherung im Bewässerungssystem. Konkrete Verwertungskonzepte für die neue Lärmschutzwand und ihre Modifikationen werden mit den Praxispartnern angegangen.
EuroNorm GmbH
Dr. Olga Gorbachevskaya